Aktion der BAGSO zum Mitmachen vor Ort

Interview mit Dr. Regina Görner, Vorsitzende der BAGSO

Frau Görner, was hat es mit der BAGSO-Aktion „Leben ohne Internet - geht’s noch?“ auf sich?

Keiner darf Menschen vom Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen ausschließen. Das passiert aber derzeitig durch die zunehmende Digitalisierung in vielen öffentlichen Bereichen. Viele Menschen – vor allem Ältere – haben das Gefühl ihnen wird die Digitalisierung aufgedrängt. So war es im letzten Jahr mit der Neuberechnung zur Grundsteuer, wo die Angaben zuerst nur digital möglich waren. Wenn Personen nicht klarkommen, sollten sie bitte jemanden fragen oder den Steuerberater einschalten. Das ist für ältere Menschen, die bislang ohne fremde Hilfe gut zurechtkamen, eine richtige Diskriminierung, die verletzt. Und die Leute werden zornig darüber.

Was wollen Sie tun?

Alle Menschen müssen barrierefrei Zugang zu kommunalen Dienstleistungen haben. Wir wollen das sicherstellen und, dass Menschen, sich zusammentun und etwas in Ihrer Kommune unternehmen und bewegen. Mit der Aktion wollen wir erreichen, dass vor Ort gute Lösungen gefunden werden, die auch die Menschen ohne Internetnutzung berücksichtigen und ältere Menschen wieder selbstbestimmter leben können.

Wie läuft die Aktion der BAGSO ab?

Wir rufen unsere Mitgliedsverbände und weitere Seniorenorganisationen dazu auf: Machen Sie die Aktion bekannt, leiten Sie unseren kostenlosen Aktions-Leitfaden weiter und ermutigen Sie Seniorengruppen vor Ort aktiv zu werden und sich dafür einzusetzen, dass das Leben ohne Internet und das in Anspruch nehmen öffentlicher Dienstleistungen für jeden und jede selbständig möglich bleiben muss. Wir wollen, dass die Menschen rauskommen aus dieser Haltung des sich Ärgerns und stattdessen vor Ort aktiv werden, sich für ihre Rechte einsetzen.

Wie legt man vor Ort am besten los?

Mit einer Bestandsaufnahme. Einfach mal prüfen: Leben ohne Internet, was geht noch und was geht nicht mehr? Es ist gut, alle Informationen mit unserer Checkliste zu sammeln: Gibt es persönliche Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, die man telefonisch oder vielleicht auch direkt durch Hingehen erreichen kann? Ziel der Aktion ist auch, dass die Verantwortlichen für Digitalisierung vor Ort mit den Menschen ins Gespräch kommen, die ohne analoge Angebote ein Stück Selbständigkeit verlieren.

Befürworten Sie alleinig ein Leben ohne Internet?

Nein, keinesfalls! Wir wissen ja, dass gerade für ältere Menschen das Internet wirklich eine Bereicherung sein kann. Das Internet bietet viele Möglichkeiten, Kontakte zu halten und neue zu knüpfen. Wir würden gern allen Menschen die Chance geben, dass sie das Internet gut und sicher nutzen können. Dafür brauchen sie aber die Möglichkeit es lernen zu können. Und das geht nicht von heute auf morgen. Meine Erwartung an die öffentliche Verwaltung ist, dass sie die älteren Menschen früh beteiligen, wenn eine Dienstleistung digitalisiert wird. Dann wissen sie schon im Vorfeld über Schwierigkeiten Bescheid und können Lösungen finden. Zum Beispiel, dass es immer noch möglich ist, sein Schwimmbad-Ticket analog zu kaufen, wenn man kein Smartphone hat und Apps nicht nutzen kann. Gute Beispiele aus der Praxis für Angebote, die sowohl mit als auch ohne Zugang zum Internet bereitgestellt werden, können hier als Vorbild und Motivation für andere dienen.

Interview: Valeska Zepp

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